Mirakelbuch St Jobst

Pfarrarchiv Nemmersdorf      Pfarrer Gerhard Fellner
Beilage zur Pfarrbeschreibung von 1913
Abdruck aus der Zeitschrift für Bayerische Kirchengeschichte
7. Jahrgang (1932), 2. Heft.

Zum religiösen Volksleben am Ausgang des Mittelalters
von Karl Schornbaum.

Ph.C. Spieß hat 1791 in den “Aufklärungen in der Geschichte und Diplomatik” S. 189ff. etliche Urkunden aus dem Plassenburger Archiv mitgeteilt, die die Entstehungsgeschichte des einstigen Klosters St. Jobst bei Nemmersdorf in Oberfranken aufklären. Daraus geht hervor, dass die  dem heiligen Jobst geweihte Kapelle schon lange vorher eine vielbesuchte Wallfahrtsstätte war. In den Ansbacher Religionsakten T, suppl. III.Pr. 7 (Staatsarchiv Nürnberg) befindet sich nun der Rest eines Marikelbuches, das von den 1506 daselbst erfolgten Wunderheilungen Kunde gibt. Anscheinend sind dieselben gleichzeitig vielleicht in St. Jobst selbst aufgezeichnet worden. Der Eintrag über Hans von Fuchsenstein zeigt andere Schriftzüge, so daß es die eigene Handschrift des Ritters sein könnte. Bedeutsam ist das Fragment vor allem für das  Gebiet der religiösen Volkskunde. Man fühlt sofort den Gleichklang mit dem von Rudolf Kriß in dem umfangreichen Werk “Volkskundliches aus altbayerischen Gnadenstätten”, Augsburg 1930, aus Ober- und Niederbayern mitgeteilten Material. Vor allem zeigt sich auch hier die weite Verbreitung des Quellen- oder Brunnenkultus.

Rest des alten Mirakelbuches der Kapelle St. Jobst.
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tem Paulus Weisgerber von Bamberg ist kumen in die gegenwertig gotzhaus und hat do offentlich gesagt vor meniglich, das er sei kummen in dis gotshaus am suntog mach viti (21.6.) und hab in willen gehabt, sich aus dem brunnen zu waschen, jdoch hab er gedacht, es sei an dem suntag unzimlich und nit recht und also widerumb ge bayreit gegangen und do gnad gesucht zu sant Linhart (1), ist im widerumb eingefallen, er sol wider zu sant Jobst geen und sich aus dem brunnen waschen, also uf dem weg hab er der krankheit nimmer entpfunden und hat dor griffen, da hab er si noch griffen. danach hab er sich aus dem brunnen gewaschen, von stund an haben sie angehuben zu dorren und nimmer wee zu tun, daß er sich selber darob verbundert hab.
Testes: Erhart von Toneneck, Cunz Breuslinger von Gses (2). actum am montag nach Viti. anno sexto (22.6.)

Item Erhart Smit von Wolfsbach (3) und sein hausfrau haben bracht ein kind nit eins jars alt und haben gesagt, das daselbig kind hab dergriffen ein krebsscher an der erden und die eingeschoben; diselbig sei im  in dem hals besteckt, das so sorg gehabt haben, es werd ersticken; und sei lenger dan ein ganze stund mit im um sei gangen und derselbigen nit von im kunen bringen. Und in solchen noten haben si got und Sant Jobst angerufen und sein aufgestanden und haben das kind geburgt und die krebsscher also von im geschoßen, dabei sein gewesen der Eberla Hofman und sein hausfrau, Englerin Trubin und di Ubelheckin, actum am Montag nach Viti anno ect. im sechsten.

item Thoma Polich von Kostnitz, des Ruprechts knecht von Nurmbergk, is kummen in dis gegenwertig gotzhaus und hat do offenlich gesagt, das er hab gehabt die franzosen ein jar und doch sei er durch gott und erzt geheilt worden; und darnach sei er erlamt in der rechten hant und mit geswulst und verlichen scheden begriffen worden und kein hant in di andern hab mugen slisen, do hab er gehort von dem heiligen himelfursten Sant Jobst und hab sich ufgemacht und dohin gangen. Und als pald er in die capellen gangen sei, hab sich sein sach verkert und die hend in einander geslossen.
Testes: Moritz Gansman, Hans Vogel, Jorg Steger und andere viel. actum an Sant johans Abent des teufers anno sexto (23. 6.)

item Fritz Smit von Steinboch (4) ist kumen in dis gotshaus und hat bracht ein kind tzweier jar alt und hat gesagt, das daselbig kind am sontag vor  Sant Veitstag (15.6.) frisch und gesund gewesen sei und vi das Kind sei geheling gefallen in ein onmacht, das niemand anders hab vermeint, es sei gestorben gewesen, do wissen auch noch nit anders, wan es ist ganz erschwarz gewesen, do haben sie dasselbig kind gered zu unser liben Frauen ge weier (5) und zu dem lieben heiligen himelsfursten Sant Jobst mit eiem groschen. Do ist das kind von stund an wider zu im selber kummen und gesund worden.
Testes: Heinz und Hans Gibel beide aus demselbigen dorf. actum an Sant Johanstag des tauffers anno sexto (24. 6.)

(1) J.W. Holle, Alte Geschichte der Stadt Bayreuth, Bayreuth 1833, S. 82ff.
G. Holle, Geschichte der Stadt Bayreuth 1902, S. 62ff. J. Booshorn, Geschichte des Bistums Bamberg IV. (München 1900) S. 876.
(2) Gesees, BA Bayreuth,-
(3) Wolfbach, BA Bayreuth
(4) BA Stadtsteinach,-
(5) Maeienweiher,

item ein brister  von bamberg mit nomen herr hans Frank (1) ist kummen in dis gotshaus und hat gesagt offenlich, das er in 14 tagen keinen trit hab mugen tun, dan das er an penken gangen sei und hab in heben auf den karren mussen und ir tzwen zu dem brunnen gefurt und sich dogewaschen, von stund an ist er allein und on hilf von dem brunnen gangen und on alle hilf aufgestanden auf dem karren und das aldo auch offenlich gesagt hern Wilhelm von Bentersheim ritter (2) und Peter Man von Nurnberg, actum in die Johannis Baptista anno sexto (24. 6.
   
     Ich, Hans von Fuchsenstein zu Glaubendorf (3) und Kaltenberg (4) bekene efenlich mit mein aigen handgeschrift, das ich komen bin gewald am Donerstag zu dem lieben herrn und heiligen Sant Jobsten, nachdem ich mich meiner opfer, alle hie zu lassen. Nun ist die ursach gewest, warum ich hierher gen Sant Jobst verlubt habe. Es hat sich begeben, als mein lieber vater seliger der  alte Hans vom Fuchstein Landrichter zu Straubing gestorben ist, hat mir sein hausfrau und meine geschwisterit meins vaters tod verschwiegen und verhalten und sich in alle meins vaters hbe eingedrungen und mich ausgesteuret (5) von demselben, da ich lenger wen vier jar das mein geraten und in armut um hin und her  gezogen, hat sich begeben in dem andern pfingstfeiertag, das ich bei Schwandorf in dem lande zu Baiern gefangen, mit einem Pferdlein nider geworfen und von vier sassigen in ein perg gefurt in ein loch, in einen stein inwendig des lochs ein große eisene ketten gemacht, darin ich geschlossen, fur das loch ein stain vast groß gewelzet, als ich den tag von mittag ungeferlich zwo stund gefangen war und  vor tags des andern auch ungeferlich zwo stund vor tags schlafend wider aus der ketten ledig worden und durch das loch herausgangen on not, als ich mich hieher gered zu dem heiligen Sant Jobst, das ist geschehen am Donnerstag, das ich das geschriben, nach des heiligen Sant Johannes des Taufers im 1506. jar  (25.6.).

    item hans Greif kursner vom Potenstein (6) ist kummen in dis gegenwertig gotshaus und hat do offenlich gesagt, das er in einen halben jar nichts hab gehort, er hab auch kein glocken horen leuten. Do hab in sein frau zu den heiligen Sant Jobst geredt. Von stund an ist sein sach besser worden und wol gehorend.
Testes: Hans Mulner von Beireut bei der rotmannsbrucken, Jorg Mulner zu baireuth. actum am Samstag nach Johannes Baptista (27.6.)

(1) Fr. Wachter, Generalschematismus der Erzdiözese Bamberg, Bamberg 1908, S. 133 erwähnt einen Joh. Frank, der 10. Jan. 1509 als Vikar bei St. Gangolf in Bamberg starb.
(2) Amtmann von Bayreuth, K.H. Lang, Neuere Geschichte des Fürstentums Baireuth I, 34, 121, Bayreuth 1798, J.W. Holle S. 201, G. Holle S. 67,
(2) Amtmann von Bayreuth, K.H.Bang. Neuere Geschichte des Fürstentums Baireuth I, 34, 121, Bayreuth 1798. J.W.Holle S.201. G. Holle S.67.
(3) BV Vohenstrauß.-
(4) BV Cham?
(5) ausschliweßen. J.A. Schmeller, Bajrisches Wörterbuch II, 452.
(6) Pottenstein BV Pegnitz

     Item Caspar Putner von Redwitz ist kummen in dis gegenwertig gotshaus und hat do offenlich gesagt, daß er hab großen wetagen (1) gehabt in dem kopf 4 wochen und in 14 tagen sei er gleich taub worden und nichts gehort uberal, do hab er sich gered zu dem heiligen himefursten sant Jobst, von stund an sei al sein sach besser worden und wolgehorend.
Testes: Fritz Man von Pelsdorf (2) Hermann Hering von Kadersreut (3) actum am Samstag nach Vis. Mariae (4.7.)

    Item Hans Gurtler von Eger ist kummen in dis gegenwertig gotzhaus und hat do offenlich gesagt, daß er grosen wetagen gehabt hab in einem arm, auch das kalt (4) gehabt bei 6 wochen und in sulcher krankheit hab er sich gered zu dem heiligen himlfursten Sant Jobst, do sei alles sein sach besser worden und gesund.
Testes Wilhelm Erlebeck auch von Eger, Hans Kramer auch von Eger, actum am Montag nach Vis. Marie (6. 7.)

     Item Anna Stecherin von Husingen (5) ein dorf bei Nordlingen gelegen, ist kummen in dis gegenwertig gotshaus und hat unterhalb der gurtel, das si nit hab mugen ruren noch sitzen, auch so si nider kumen sei, hat si on hilf nit mugen autsteen. Sei sie von heimat ausgangen und willen gehabt, in das warmbad zu zihen. sei ein armer man zu ir kumen und gesprochen, wie Sant Jobst groß wunderzeichen an dem ort tu, si sol sich auch dorthin gereden, villeicht geschee ir auch gnad von dem liben heiligen. Das hab si getan und zu dem liben heiligen gangen, und alspald si zu dem brunnen kumen sei und sich daraus gewaschen, von stunden sei ir sach gut worden und allein aufgestanden, gent und kniend worden nach aller notdurft.
Testes: Cunz Kusner  Endres Man. actum Do. n. Kilian (9. 7.)

(1)Schmerz, Schmeller I, 594,
(2) Pittersdorf bei Bayreuth oder Pülsdorf, BV Staffelstein,
(3) Kattersreuth BV Bayreuth-
(4) Siechtum, Schmeller I, 1241,
(5) Hüssingen, BV Gunzenhausen
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