Sankt Jobst

Archiv Günther Wein
Quelle Nordbayrischer Kurier Freitag 14. Juni 2002

War Luther selbst der Terminator von St. Jobst?

Ein Kloster, vor fast 500 Jahren aufgelöst, lebt an den ungewöhnlichsten Orten fort: vom Amboss zum Taufbecken

Dressendorf/ Allersdorf

Dem Lokalforscher Günther Wein ist es zu verdanken, dass durch einen Antrag an den Stadtrat wieder die Aufmerksamkeit auf das einstige Kloster St. Jobst auf der Allersdorfer Höhe gelenkt ist (wir berichteten bereits). Kein Geringerer als Martin Luther selbst soll zur Säkularisation drei Tage lang vor Ort gewesen sein.
     Diese unverbürgte Information geht auf Erzählungen von Einwohnern zurück. Der Nemmersdorfer Pfarrer Gerhard Felner berichtet davon in einer kleinen Abhandlung, in der er sich mit dem Kloster auseinandergesetzt hat.
     Dass das Kloster etwas aus dem allgemeinem Bewusstsein verschwunden ist, hat einen triftigen Grund: Oberhalb der Erdoberfläche ist von der einst ausgedehnten Anlage nichts mehr zu sehen.


Munitionsbunker in Privatbesitz

     Zum letztenmal beschäftigten sich Archäologen Mitte der 70er Jahre mit dem Kloster. Damals entstanden nämlich die Munitionsbunker, die man von der Staatsstraße auf der Höhe des Flugplatzes sieht und die inzwischen in Privatbesitz sind. Bei den Tiefbauarbeiten wurden Fundamente des Klosters zerstört, allerdings konnten Wissenschaftler des Denkmalamtes zuvor Notgrabungen tätigen und Aufzeichnungen anfertigen.
     Das Kloster geht zurück auf eine Kapelle, die dem heiligen Jobst geweiht war. Im Hussitenkrieg 1430 wurde die Kapelle zerstört und wurde von einem Gläubigen aus der Nachbarschaft wieder aufgebaut, wie Pfarrer Fellner festhält.
     Keine gewöhnliche Kapelle war es, sondern ein viel besuchter regelrechter Wallfahrtsort, zu dem unter anderem ein direkter Weg von Oberwarmensteinach herführte. Der Zulauf führte zu dem Erlass, “daz di gotzhausmeister daselbst ein Schenckstat pawn sulln” - auf Neudeutsch: Die Gotteshausmeister sollten eine Ausschankstätte bauen. Im Stiftungsbrief ist die Rede von “manche grosse wunderliche Zeychen an viel kranken und armen menschen”.
     Ab 1506 errichtete Markgraf Friedrich IV. ebendort unter Einbeziehung der Kapelle ein Kloster. Das Kloster erfuhr stattliche Privilegien: Ihm wurden Jährlich drei Zentner Karpfen aus dem Brandenburger Weiher, freies Bau- und Brennholz und eigenes Fischwasser aus der Steinach zugeschrieben, zitiert Fellner aus dem Stiftungsbrief. Dass Reiche und Mächtige Kloster- und sonstige Stiftungen vornahmen, war im Mittelalter insofern nicht ungewöhnlich, als man sich damit ein Stück weit von den Sündenstrafen nach dem Tod freikaufen wollte; “Wenn die Münze im Opferstock klingt, die Seele aus dem Fegefeuer springt”.
     Kaum 20 Jahre später, als die Region protestantisch wurde, wurde das Kloster aufgelöst, zwei weitere Jahrzehnte später die Gebäude in einem Krieg zerstört.
     Doch das Kloster ist nicht wirklich spurlos verschwunden. Da wären die etwa 1500 Bücher und zahlreichn handschriften der Klosterbibliothek, die heute in der Uni Erlangen aufbewahrt werden. Und da es nicht unüblich war, dass verlassene oder zerstörte Gebäude willkommenes, billiges Baumaterial für Leute in der Umgegend abgaben, dürften Teile des Klosters in vielen, teils noch heute stehenden Bauten weiterleben. Fellner nennt die Friedhofskirche in Nemmersdorf und einen Wirtskeller in Allersdorf; Wein mutmaßt sogar, dass das dortige Wirtshaus aus einstigen Klostermauern besteht. Wein hält es auch für möglich, dass die Mönche von St. Jobst als Entdecker der Benker Sandsteinbrüche gelten können.
     Und ein Stück von einer Säule des Klosters hat einen wirklich kuriosen Weg genommen: “Es war die amboßunterlage beim Schmied in Dressendorf, später wurde das Säulenstück in die Kirche von Laineck geholt und dient nun als Unterbau des taufbeckens”, so Wein.
     Schließlich ist nicht auszuschließen, dass unweit des heutigen Munitionsbunkern im Erdboden noch unversehrte Fundamente und Gewölbe zu finden sind.
                                                                                                       ag
w

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